„Rettet die Grundrechte“ – ein Kurzbericht von der Demo
Die Teilnehmer.innen trotzten Wind und Wetter bei der Demonstration „Rettet die Grundrechte“ am 9. September 2017, um ein Zeichen gegen staatliche Überwachung zu setzen.
Mehr als 50 Organisationen feierten gemeinsam ein Freiheitsfest auf dem Gendarmenmarkt in Berlin. Hier gab es viele Attraktionen für die ganze Familie: Gesichtserkennung per Videoüberwachung und probieren, sie mit Anti-Biometrieschminke auszutricksen, an der Wurfbude konnte mit Kameras auf Gesichter geworfen werden, Grundrechte wurden von einem Marktschreier im Dutzend billiger verramscht, auf der Hüpfburg konnten alle einmal selber die Grundrechte mit Füßen treten – nach dem Vorbild der Großen Koalition. Bei einer Cryptoparty lernten Interessierte zu verschlüsseln, an der „Festtafel“ wurde bei Brot und Wein über Demokratie und Freiheit debattiert.
Vielen Dank für euren Einsatz!
Ein riesiges Dankeschön an alle, die „Rettet die Grundrechte“ auf die Beine gestellt haben! Respekt an alle, die sich mit ihrer Stimme und Überzeugung für Freiheit stark gemacht haben – trotz vieler anderer Demos und schlechtem Wetter. Danke für die kreativen Stände, die schönen Plakate und das Mitsingen. Danke an das Bündnis aus 50 Organisationen und alle Redner.innen (Zitate unten), die nicht nur auf Demos, sondern das ganze Jahr über dafür sorgen, dass es die schwer haben, die Grundrechte als Hindernisse betrachten. Danke an Lena Rohrbach für die wunderbare Moderation. Wir danken auch dem gestandenen Team von Warriors für die Bühne, Zelte und Stände. Herzlichen Dank auch an alle Menschen, die das Demo-Bündnis mit ihrer Spende unterstützt haben!
Überwachung abbauen – Zitate von der Kundgebung
Die Rednerinnen und Redner der Demo „Rettet die Grundrechte“ waren sich einig: Die staatliche Überwachung muss abgebaut werden!
Mario Lenhart (Amnesty International Deutschland): „Privatsphäre ist ein Menschenrecht! Wir fordern: Vorratsdatenspeicherung abschaffen, keine anlasslose Massenüberwachung, Geheimdienste wieder besser kontrollieren und Grenzen setzen. Überhaupt: Keine Gesetze, die unsere Freiheit durch exzessive Überwachung beschneiden!“
Prof. Dr. Frank Überall (Deutscher Journalistenverband): „Journalismus ist kein Verbrechen, ganz im Gegenteil: Er wird gebraucht für eine funktionierende Demokratie. Wer Medienvertreter überwacht, legt damit die Axt an unsere Gesellschaft und unsere Grundrechte.“
Leena Simon (Arbeitskreis gegen Vorratsdatenspeicherung): „Unsere Politiker versuchen uns permanent Angst einzureden. Nur damit sie uns noch mehr Überwachung unterjubeln können. ‚Aus Sicherheitsgründen‘. Dabei ist für mich klar, was uns am sichersten macht: Unsere Freiheit. Deshalb müssen wir sie immer wieder aufs Neue verteidigen.“
Peter Schaar, ehemaliger Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit: „Die mit der Begründung des Kampfes gegen den Terrorismus bis zur Unkenntlichkeit eingeschränkten Grundrechte müssen wieder hergestellt werden. Die Auseinandersetzung mit dem Terrorismus kann nur im Kopf gewonnen werden. Rechtsstaatlichkeit und Grundrechtsschutz sind dabei von entscheidender Bedeutung“
padeluun (Digitalcourage): „Wir haben es mit einem geradezu faschistoiden Sicherheitswahn zu tun. Bald ist es soweit, dass sich Freiheitsliebende falsche Reisepässe besorgen müssen, um auszureisen. Das müssen wir jetzt verhindern!“
Dr. Michael Rediske (Reporter ohne Grenzen): „Mehr Überwachung bedeutet zwangsläufig weniger Freiheit – und in den vergangenen vier Jahren leider auch weniger Pressefreiheit. Wer dem BND erlaubt, ausländische Journalisten zu überwachen und diese Daten mit ausländischen Diensten zu teilen, der nimmt in Kauf, dass die Journalisten deswegen in ihrer Heimat unter Druck geraten.“
Stefan Hügel (FIfF, Humanistische Union): Vier Jahre nach den Enthüllungen von Edward Snowden versuchen Innenpolitiker, sich gegenseitig mit Forderungen nach Maßnahmen vermeintlicher Sicherheit zu überbieten. Das ist Populismus. Und es ist eine Gefahr für unsere Freiheit!“
Werner Hülsmann (Deutsche Vereinigung für Datenschutz): „Mit windigen Gesetzesänderungen wurde in den letzten Monaten der Staatstrojaner eingeführt und zum Beispiel auch der Sozialdatenschutz reduziert. Aber Datenschutz darf kein Luxus sein!“
Überwachung abwählen!
„Rettet die Grundrechte“ fand zwei Wochen vor der Bundestagswahl 2017 statt. Denn das ewige Mantra von Sicherheit, die nur dann herrscht, wenn Freiheiten und Grundrechte lebendig begraben werden, ist ein gefährlicher Stimmenfänger. Dabei ist klar: Wer überwacht ist, ist noch lange nicht sicher. Darum heißt es am 24. September 2017 zur Bundestagswahl: Überwachung abwählen! Wir stellen in einer Übersicht zwölf Projekte vor, die euch helfen, die Partei zu finden, die eure netzpolitischen Ansichten am besten vertritt. Nehmt euch die Zeit und schaut nach, welche Parteien für Vorratsdatenspeicherung, Staatstrojaner, Datenhandel und den Einsatz von mehr Überwachungssensorik stehen.
Bild: Screenshot Twitter
„Rettet die Grundrechte in den Medien“
- Stefan Krempl (heise.de): Demo Freiheit 4.0: "Wir sind ganz nah dran an Orwell"
- TAZ (taz.de): Staatliche Überwachung – Bündnis protestiert in Berlin
- Berliner Zeitung (berliner-zeitung.de): Bündnis protestiert gegen „staatliche Überwachung”
- Neues Deutschland (neues-deutschland.de):Berlin: Bündnis protestiert gegen staatliche Überwachung
- Junge Welt (jungewelt.de): 50 Organisationen setzen vor der Bundestagswahl mit einer Kundgebung in Berlin ein Zeichen gegen Überwachung. In der Einladung der Internationalen Liga für Menschenrechte heißt es