Parteien, wie geht ihr mit persönlichen Daten um?
Im Bundestagswahlkampf 2017 nutzen Parteien Microtargeting, soziale Netzwerke und Apps, um Stimmen von Wählerinnen und Wählern zu gewinnen. Wir denken, dass Bürgerinnen und Bürger über die Details dieses neuen Wahlkampfs informiert sein müssen. Und wir wollen, dass die Datenschutzbeauftragten der Parteien mehr Aufmerksamkeit für Ihre Arbeit erhalten.
Aus diesen zwei Gründen haben wir am 28. August 2017 die Datenschutzbeauftragten von CDU, SPD, Bündnis90/Grüne, FDP, Die LINKE, AfD und Piraten gebeten, uns Fragen zu ihrem Wahlkampf zu beantworten. Unter anderem haben wir um die öffentlichen Verfahrensverzeichnisse (siehe Wikipedia) gebeten, die haben muss, wer personenbezogene Daten verarbeitet. Am 6. September 2017 haben wir noch einmal an unsere Anfrage erinnert und um Antwort bis zum 12. September 2017 gebeten. Nur Die LINKE, Bündnis90/Grüne, die Piraten und die FDP haben geantwortet. Die AfD hat uns auf mehrfaches Nachfragen nicht mitgeteilt, wer Datenschutzbeauftragter der Partei ist.
Transparenz für Wahlkampf im Netz
Das wollten wir von den Parteien wissen:
- Wir bitten um Zusendung aller relevanten öffentlichen Verfahrensverzeichnisse nach § 4g Abs. 2 Satz 2 BDSG.
- Welche Unternehmen und Organisationen haben Sie im Zusammenhang mit dem Wahlkampf in Online-Medien, auf Internet-Plattformen, mittels Apps und in Social-Media-Netzwerken beauftragt?
- Haben Sie für Planung und Durchführung ihres Wahlkampfs Datenschutzbehörden konsultiert?
- Nutzen Sie Daten von Datenhändlern?
- Erheben und speichern Sie Daten aus dem Haustürwahlkampf (z.B. mittels Apps)?
- Führen Sie Online- und Offline-Daten zusammen?
- Bitte beschreiben Sie die Verfahren, in denen Wahlbotschaften auf Grundlage von Daten formuliert und veröffentlicht oder versendet werden.
Die Antworten von DIE LINKE
DIE LINKE hat uns am 6. September 2017 geantwortet:
- Hier ist das öffentliche Verfahrensverzeichnis von DIE LINKE als PDF und Auszüge daraus online auf die-linke.de.
- Welche Unternehmen und Organisationen haben Sie im Zusammenhang mit dem Wahlkampf in Online-Medien, auf Internet-Plattformen, mittels Apps und in Social-Media-Netzwerken beauftragt?
Die Partei DIE LINKE beauftragte auch in diesem Wahlkampf die Agenturgemeinschaft DiG/Plus GmbH Agentur für Kommunikation und TRIALON, Berliner Straße 69, 13189 Berlin, und die Firma minuskel screen partner GmbH, Bouchéstraße 12 (Haus 1/2), 12435 Berlin, wie unter https://www.die-linke.de/seitenfuss/impressum/ transparent gemacht. - Haben Sie für Planung und Durchführung ihres Wahlkampfs Datenschutzbehörden konsultiert?
Da die Partei DIE LINKE keine personenbezogene Wahlwerbung betreibt oder betreiben will, ist eine Konsultation von Datenschutzaufsichtsbehörden nicht erforderlich. - Nutzen Sie Daten von Datenhändlern?
Nein. - Erheben und speichern Sie Daten aus dem Haustürwahlkampf (z.B. mittels Apps)?
Nein. Wir erheben und speichern Daten im Rahmen von Wahlkampfaktivitäten ausschließlich aufgrund einer schriftlichen Einwilligung der Betroffenen. - Führen Sie Online- und Offline-Daten zusammen?
Es werden weder Verknüpfungen hergestellt noch personenbezogene Daten zusammengeführt. - Bitte beschreiben Sie die Verfahren, in denen Wahlbotschaften auf Grundlage von Daten formuliert und veröffentlicht oder versendet werden.
Wir nutzen die Möglichkeiten, zielgruppenspezifische Werbung auf der Basis von Nutzerinteressen bei Facebook zu schalten. Bei schriftlichen, telefonischen oder elektronischen Anfragen werden die Kontaktangaben zur Beantwortung der Anfragen genutzt. Bei Eintragung in unsere Newsletter werden diese Daten zur Versendung genutzt.
Die Antworten von Bündnis90/Grüne
Bündnis90/Grüne hat uns am 12. September 2017 geantwortet:
- Das zugesendete Verfahrensverzeichnis von Bündnis90/Grüne als PDF (Stand: Januar 2014)
- Welche Unternehmen und Organisationen haben Sie im Zusammenhang mit dem Wahlkampf in Online-Medien, auf Internet-Plattformen, mittels Apps und in Social-Media-Netzwerken beauftragt?
Betreuung www.gruene.de /Ressourcenmange Berlin, Entwicklung Vorschaltseite www.gruene.de /Ziemlich beste Antworten, Kommentarmanagement Facebook / Conversio, Report Online-Marketing / Reporting Ninja - Haben Sie für Planung und Durchführung ihres Wahlkampfs Datenschutzbehörden konsultiert?
Nein - Nutzen Sie Daten von Datenhändlern?
Nein - Erheben und speichern Sie Daten aus dem Haustürwahlkampf (z.B. mittels Apps)?
Tür-zur-Tür-App, es werden keine personenbezogene Daten gespeichert, lediglich Testbetrieb - Führen Sie Online- und Offline-Daten zusammen?
Nein - Bitte beschreiben Sie die Verfahren, in denen Wahlbotschaften auf Grundlage von Daten formuliert und veröffentlicht oder versendet werden.
Solche Verfahrensweisen werden nicht betrieben. Meine Mandantin bietet Wahlkämper einen Atlas max. auf Wahlbezirksebene heruntergebrochene Informationen wie vorhergehende Wahlergebnisse an. Dazu wurde eine auf Wahlbezirksebene ein Potential errechnet aus den Wahlergebnissen 2013 und der Wahlbeteiligung und empfehlen dann den Wahlkämpfern so eine Priorisierung der Wahlkampfaktivitäten.
Die Antworten der FDP
Die FDP hat uns am 12. September 2017 geantwortet:
- Das zugesendete Verfahrensverzeichnis von der FDP (Stand: September 2017)
- Welche Unternehmen und Organisationen haben Sie im Zusammenhang mit dem Wahlkampf in Online-Medien, auf Internet-Plattformen, mittels Apps und in Social-Media-Netzwerken beauftragt?
Bei unserem Online-Wahlkampf arbeiten wir zusammen mit:
Universum Kommunikation und Medien AG,
Reinhardtstraße 12, 10117 Berlin - Heimat Werbeagentur GmbH, Segitzdamm 2, 10969 Berlin - Haben Sie für Planung und Durchführung ihres Wahlkampfs Datenschutzbehörden konsultiert?
Nein. Da die FDP über einen Datenschutzbeauftragten verfügt, unterliegt sie keiner Meldepflicht. - Nutzen Sie Daten von Datenhändlern?
Ja, für die Versendung von Zielgruppenbriefen. - Erheben und speichern Sie Daten aus dem Haustürwahlkampf (z.B. mittels Apps)?
Nein. - Führen Sie Online- und Offline-Daten zusammen?
Nein. - Bitte beschreiben Sie die Verfahren, in denen Wahlbotschaften auf Grundlage von Daten formuliert und veröffentlicht oder versendet werden.
Die FDP nimmt ihre inhaltlichen Positionierungen auf Basis parteiinterner Diskussions- und Abwägungsprozesse vor. Erst dann kommunizieren wir entsprechende Inhalte an Zielgruppen. Nicht umgekehrt.
Die Antworten der Piraten
Die Piraten haben uns am 13. Septmeber geantwortet:
- Verfahrensverzeichnisse der Piraten
- Welche Unternehmen und Organisationen haben Sie im Zusammenhang mit dem Wahlkampf in Online-Medien, auf Internet-Plattformen, mittels Apps und in Social-Media-Netzwerken beauftragt?
Mir sind keine Unternehmen bzw. Organisationen bekannt. Verantwortlich ist der Beauftragte für den Bundeswahlkampf. - Haben Sie für Planung und Durchführung ihres Wahlkampfs Datenschutzbehörden konsultiert?
Mir sind keine solche Maßnahmen bekannt. In der Regel ist es zumindest üblich, zunächst den eigenen Datenschutzbeauftragten zur Beratung hinzuziehen. - Nutzen Sie Daten von Datenhändlern?
Davon ist mir nichts bekannt. Allgemein lehnen wir solche Dinge grundsätzlich ab. - Erheben und speichern Sie Daten aus dem Haustürwahlkampf (z.B. mittels Apps)?
Davon ist mir nichts bekannt. Allgemein lehnen solche Dinge grundsätzlich ab. - Führen Sie Online- und Offline-Daten zusammen?
Soweit mir bekannt ist, werden gezielt Medienvertreter angeschrieben. Hierzu werden Daten in der Presseabteilungen gesammelt. Ferner erfolgt eine datensparsame Auswertung der Webzugriffe, bei keine personenbezogenen Daten gespeichert werden. Außerdem gibt es Facebook- und Twittergruppen, die bedient werden. - Bitte beschreiben Sie die Verfahren, in denen Wahlbotschaften auf Grundlage von Daten formuliert und veröffentlicht oder versendet werden.
Die Wahlbotschaften werden - soweit mir bekannt - per Plakate, Flyer, Infostände, Nutzung der sozialen Medien einschließlich TV und Rundfunk verteilt. Naturgemäß werden dabei auch öffentlich zugängliche Daten verwendet.
Partei-Datenschutzbeauftragte
Nicht jede Partei macht es den Wählerinnen und Wählern leicht, den Kontakt zu den Datenschutzbeauftragten zu finden. Darum haben wir die Datenschutzbeauftragten der Parteien aufgelistet, die in Parlamenten vertreten sind oder Aussicht auf Mandate haben:
Alternative für Deutschland (AfD)
datenschutz(at)alternativefuer.de
Wer die E-Mails an diese Adresse bekommt, ist uns unbekannt.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Ferdinand Solzbach
Datenschutzbeauftragter BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
SCO Consult
Hauptstraße 27
53604 Bad Honnef
info(at)sco-consult.de
CDU
CDU-Bundesgeschäftsstelle
Die Datenschutzbeauftragte
Barbara von Meer
Klingelhöferstraße 8
10785 Berlin
barbara.von.meer(at)cdu.de
datenschutz(at)cdu.de
CSU
Florian Meissner
Beauftragte für den Datenschutz
Christlich-Soziale Union in Bayern e. V.
Mies-van-der-Rohe-Str. 1
80807 München
landesleitung(at)csu-bayern.de
FDP
Datenschutzbeauftragter
Jörg van Essen
stellvertretender Datenschutzbeauftragter
Christian Graf Dohna
Satzungsrecht, Wahlrecht, Parteienrecht,Datenschutz
christian.dohna(at)lips-fdp.de
SPD
Robert Borchert
Datenschutzbeauftragter
SPD-Parteivorstand
Willy-Brandt-Haus
Wilhelmstraße 141
10963 Berlin
datenschutzbeauftragter(at)spd.de
DIE LINKE
Neumann, Karsten
Bundesgeschäftsstelle der Partei DIE LINKE
Kleine Alexanderstraße 28
10178 Berlin
datenschutz(at)die-linke.de
Piratenpartei
Bundesdatenschutzbeauftragter
Der Datenschutzbeauftragte der Piratenpartei Deutschland
Sebastian Krone
Am Bürohochhaus 2-4
14478 Potsdam
bundesbeauftragter(at)piraten-dsb.de
PGP: 0x75F6AB8A
Weiterführende Links
- Digitalcourage: Der Daten-Wahlkampf ist für Wähler.innen undurchsichtig
- Digitalcourage: Bundestagswahl 2017: Mehr Überwachung oder Freiheit?
- c't Magazin vom 2.9.2017, u.a. mit: „Die neuen Methoden der Wahlforscher – So werden Sie wählen – Demoskopie zwischen Big Data und Kaffeesatz“
- Studie vom Landesamt für Medien NRW: Ganz meine Meinung? Informationsintermediäre und Meinungsbildung – Eine Mehrmethodenstudie am Beispiel von Facebook
- Gabriela Keller und Kai Schlieter (Berliner Zeitung): „Microtargeting im Bundestagswahlkampf / Nah am Wähler und anfällig für Manipulation“
- Orestis Papakyriakopoulos, Morteza Shahrezaye, Andree Thieltges: Social Media und Microtargeting in Deutschland (Sonderheft der Gesellschaft für Informatik e.V.: Algorithmen und Meinungsbildung; frei zugänglich bis zur Bundestagswahl 2017).
- Ludwig Kendzia (MDR Thüringen): Datenschützer prüfen CDU-Wahlkampf-App
- Claudia Blumer (tagesanzeiger.ch): Polit-Kampagnen publik machen
Titelbild: Cornelius Kibelka: Plenarsaal in Plastik CC BY SA 2.0