Terrorthomas de Maizière: Mit Gesetzen die Bevölkerung terrorisieren
Endlich ein eigenes Konterfei
Unseren Bundesinnenminister Thomas de Maizière hat der Ehrgeiz gepackt. Seinem Vorgänger Wolfgang Schäuble wurde mit der „Schäublone“ ein fragwürdiges, aber bleibendes Denkmal gesetzt – dafür, dass er sich nachhaltig gegen das Freiheitsinteresse der eigenen Bevölkerung stellte und sich die Assoziation „Stasi 2.0“ mit viel Engagement verdient hat. So etwas hat seither nur Ursula von der Leyen geschafft, die ihre eigene Variation der Schäublone als „Zensursula“ erhielt. (Vereinzelt sieht man mal einen Hans-Peter Friedrich, aber darin besteht ja gerade der Witz ;)
Und nun bewirbt sich Herr de Maizière mit neu gewonnenem Eifer darum, auch in die Liste der Politiker.innen einzuziehen, die sich wegen besonders übergriffiger Internet- und Datenkontrolle einen Namen gemacht haben.
Langjähriges Engagement gegen die Grundrechte
Er war schon immer fleißig mit den Überwachungsgesetzen und sackte 2015 sogar einen BigBrotherAward dafür ein, dass er die Europäische Datenschutzgrundverordnung während ihrer Entstehung „systematisch und grundlegend“ sabotierte. Abgeholt hat er den Preis nicht. Auch auf dem evangelischen Kirchentag in Stuttgart, wo wir den Preis erneut überreichen wollten, lehnte er mit den Worten „Den nehme ich auf keinen Fall“ die Annahme brüsk ab.
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Terrorangst schüren
Der Innenminister hat – wie seine Vorgänger – sein Lieblingsthema zur Begründung des Überwachungsstaates gefunden: Terrorbekämpfung. Erst den Menschen tüchtig Angst einjagen, um ihnen dann unbemerkt das zu entwenden, was sie am allermeisten schützt: ihre Freiheit.
Und jetzt legt er richtig los. Am 15. Juni 2016 rief er zu „mehr Wachsamkeit“ vor Terror auf, um uns alle mal wieder daran zu erinnern, dass wir uns mehr vor Terror fürchten sollen. Eine Woche später, am 24. Juni, soll sein „Anti-Terror-Paket“ in zweiter und dritter Lesung durch den Bundestag gepeitscht und verabschiedet werden.
Mit der Angst vor Terror lässt sich leicht spielen, doch ‚Terrorthomas‘ de Maizière weiß damit mit einer Dreistigkeit Leichtigkeit umzugehen, die ihresgleichen sucht. Mit seiner Politik lässt er uns seinen ganz persönlichen Gesetzes-Terror mehr und mehr spüren. (Oder eben nicht. Das ist ja das Schlimme bei Überwachung. Dass man sie erst spürt, wenn es zu spät ist.)
Gesetzesterror durch „Anti-Terror“-Gesetzgebung
Mit seinem „Anti-Terror-Paket“ holt sich der Innenminister jetzt die Erlaubnis, selbst 14-Jährige zu überwachen. Und gibt den Geheimdiensten Befugnisse für die Grundrechtsverstöße, die sie ohnehin schon die ganze Zeit (illegal) machen. Eine Begründung dafür blieb er uns schon lange schuldig, da sie uns, also „die Bevölkerung verunsichern“ würde. Da ist es nur konsequent, bei der rechtlich verbrieften Eindampfung der Grundrechte auf die gängigen Regeln zu verzichten, die dann gelten, wenn man ins Grundrecht eingreift. Zeit zum Abwägen war in den zwei Wochen seit der ersten Lesung am 9. Juni wahrlich keine gegeben, und die Opposition beklagte außerdem, dass als ‚Sachverständige‘ die alles andere als neutralen Präsidenten der Sicherheitsbehörden eingeladen wurden. Nachdem die Opposition die Anhörung aus Protest verlassen hatte, erschien auf Netzpolitik.org ein Artikel zum Thema, der aus ‚unerfindlichen Gründen‘ als Aufmacherbild das deutsche EM-Männerfußball-Team zeigte.
Selbst die sonst so schweigsame Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff kommt nicht mehr daran vorbei, das Gesetz deutlich zu kritisieren.
Das Anti-Terror-Paket ist enorm teuer, hilft nicht gegen Terror und tendiert zu weiteren Verschärfungen durch Druck der Koalitionsparteien und Bundesländer.
Es gibt einen Moment bei einem Bewerbungsverfahren, da kann man aufhören zu lesen. Beispielsweise dann, wenn man endgültig überzeugt ist. Und so geht es uns auch hier. Es ist keine weitere Überzeugungsarbeit mehr nötig: Herr de Maizière hat sich sein eigenes Überwachungs-Meme wirklich verdient. Herzlichen Glückwunsch an den frisch gebackenen Terrorthomas. Bei so viel Engagement konnten wir einfach nicht anders.
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Text: Leena Simon
Bild: Jens Reimerdes