Jahresbericht 2015

Digitalcourage: Jahresbericht 2015

Unsere Arbeit 2015:
Überwachung, Politik und Recht
Aktionen und Öffentlichkeit
Technik und praktische Unterstützung
Politische Wirkung kommt vom Mitmachen
Blick nach vorn: Unsere Schwerpunkte in 2016
ganz unten: Bildergalerie


Digitalcourage: Jahresbericht 2015

Vorwort

Nächstes Jahr wird‘s ruhiger“, sagen wir uns immer. Und lächeln dann sardonisch, weil wir alle wissen: Das ist ein schöner Traum. Aber viel mehr können wir eigentlich gar nicht schaffen, auch 2015 sind wir (mal wieder) an unsere Belastungsgrenzen gegangen.
Einige Aktionen gehören ja fast schon zum Standard. Der AKtiVCongrEZ, die BigBrotherAwards, die Freiheit-statt-Angst-Tour in über 40 Städten, die „Freedom-Not-Fear“-Tage in Brüssel und der alljährliche Chaos Communication Congress. Dazwischen wirken wir auf Politik und Gesellschaft ein, mit unseren Artikeln, Vorträgen, Newslettern, Aktionen bei Parteiveranstaltungen, Experten-Anhörungen, Recherchen und mit vielen, vielen Pressemeldungen. Außerdem waren wir 2015 auf dem evangelischen Kirchentag in Stuttgart, auf den großen TTIP-Demos in Brüssel und Berlin und auf der IT-Sicherheitsmesse in Nürnberg. Wir haben dank unserer Hochschulgruppe etliche Cryptoparties veranstaltet und eine Stiftung in der Schweiz mitgegründet, die Verschlüsselung weltweit verbreiten wird. Wir haben viele Faltblätter und Info-Materialien erstellt, und unsere Freiwilligen-Teams arbeiten immer weiter daran, möglichst viele Menschen über „Digitale Selbstverteidigung“ zu informieren. Wir freuen uns, dass immer mehr Menschen auch aktiv bei uns mitmachen: Zum Beispiel in unseren ehrenamtlichen Arbeitsgruppen oder in unseren Ortsgruppen in München und Berlin.
Zwischen unseren Projekten müssen wir immer wieder nach Geld fragen und neue Fördermitglieder werben, damit die viele Arbeit auch weiterhin getan werden kann und Digitalcourage unabhängig bleibt.
Dies ist ein Auszug unserer Aktivitäten im Jahr 2015.

Für das ganze Team
Rena Tangens und padeluun


Überwachung, Politik und Recht

Verfassungsbeschwerde gegen die Vorratsdatenspeicherung

Die Vorratsdatenspeicherung ist zurück. Trotz zahlloser Protestaktionen, Veranstaltungen und Gesprächen mit Politiker. innen hat der Bundestag am 16. Oktober 2015 die anlasslose Massenüberwachung von Verbindungsdaten erneut eingeführt. Darum werden wir mit unserem Rechtsanwalt Meinhard Starostik eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe einlegen. Denn dieser Eingriff in unsere Grundrechte ist unverhältnismäßig.
Mit einer Infobroschüre und Recherchearbeit stärken wir seither zusätzlich weitere Aufklärungsarbeit zum Thema.

Unterstützen Sie unsere Verfassungsbeschwerde gegen die Vorratsdatenspeicherung!

Protest gegen Vorratsdatenspeicherung beim SPD-Parteikonvent

Unter dem Motto „Schluss mit dem Geblubber“ haben wir im Juni 2015 zum SPD-Parteikonvent das SPD-Gebäude in Seifenblasen gehüllt. Anders als es die Parteispitze aussehen lässt, sind große Teile der SPD durchaus kritisch gegenüber der Vorratsdatenspeicherung. Nur durch großen Druck auf einzelne Delegierte konnte die SPD-Zustimmung zur Vorratsdatenspeicherung denkbar knapp beschlossen werden.

Digitalcourage in Expert.innengesprächen

Rena Tangens und padeluun waren als Expert.innen in verschiedenen Ausschüssen geladen. Rena Tangens trat in Dialog mit dem Verbraucherschutzministerium. padeluun war im Bundestag zu einer Anhörung geladen, die beriet, ob Verbände Datenschutzverträge abmahnen können und sollen. Außerdem besuchte er eine fraktionsinterne Anhörung von Bündnis90/Die Grünen im Bundestag zum Prostituiertenschutzgesetz.

Aktionen und Öffentlichkeit

Wir setzen uns für Ihre Privatsphäre und Grundrechte ein. Werden Sie Fördermitglied bei Digitalcourage.

BigBrotherAwards 2015

Im April 2015 haben wir zum 15. Mal die BigBrotherAwards verliehen. Der Datenschutz-Negativpreis 2015 ging unter anderem an den Bundesnachrichtendienst (BND) für das Sammeln von Millionen Telekommunikationsdaten und deren Übermittlung an NSA & Co, an Amazon für Arbeitsverträge, die die Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer.innen verletzen und an die Herstellerfirmen Mattel und Toytalk, für ihre „Hello Barbie“.
Die vollständigen Texte zu den Preisträger.innen sowie Fotos und Videos sind auf der BigBrotherAwards Website verfügbar.

Bundes-Verbraucherschutz-Preis für Rena Tangens

Rena Tangens bekam am 29. Juni 2015 die Auszeichnung „Persönlichkeit des Verbraucherschutzes 2015“ verliehen durch die „Deutsche Stiftung Verbraucherschutz“. Mit dem „Bundespreis Verbraucherschutz“ in der Kategorie „Persönlichkeit“ würdigte die Jury Rena Tangens als Gründerin und Vorsitzende des Vereins Digitalcourage e.V. für ihren jahrzehntelangen Einsatz für die Wahrung der digitalen Privatsphäre der Bevölkerung. Die mit 15.000€ dotierte Trophäe wurde auf dem Deutschen Verbrauchertag vor rund 500 Gästen in Berlin überreicht. Das Geld kam unserem Verein zugute. Als Reaktion brachte die Frauenzeitschrift Brigitte ein Portrait über Rena Tangens und ihre Arbeit.

„Freiheit statt Angst“-Tour 2015

Um den Protest gegen Überwachung und digitale Entmündigung am Leben zu halten, animierten wir in über 30 Städten Menschen, zu demonstrieren, und koordinierten diese „Freiheit statt Angst”-Tour. Ganz nach dem Motto „Kleinvieh macht auch Mist“ brachten wir so übers Jahr verteilt gut 10.000 Menschen auf die Straße – und unser Thema an vielen Orten in die Lokalpresse.

Datenschutz auf dem evangelischen Kirchentag 2015

Digitalcourage wirkt. Wirken Sie mit!

Im Juni 2015 waren wir auf dem evangelischen Kirchentag in Stuttgart. An unserem Stand haben wir viele Menschen erreicht, für die mehrheitlich die Themen Datenschutz und Überwachung neu gewesen sein dürften. Wir hatten mutmachende und aktivierende Gespräche, wir haben Info-Material verteilt und zwei Kirchentags-Resolutionen eingebracht. Unsere Resolution fordert das Bundesinnenministerium auf, sich für wirksameren Schutz von Daten in Europa einzusetzen und wurde von 5.000 Anwesenden beschlossen. Wir freuen uns, dass wir unsere Freund.innen von No Spy Stuttgart unterstützen konnten, eine ebenfalls erfolgreiche Kirchentags-Resolution gegen die Vorratsdatenspeicherung zu initiieren.
Die zwei Datenschutz-Resolutionen auf dem Kirchentag 2015.

TTIP-Protest in Berlin, Bielefeld und Brüssel

Wir brachten uns in die Proteste gegen die Verhandlungen der „Handelsabkommen“ TTIP, CETA, TiSA und Co. ein und betonten die katastrophalen Folgen, die diese Handelsabkommen für den Datenschutz haben dürften. In Berlin waren wir auf der Großdemo gegen TTIP mit 250.000 Menschen. Auch in Bielefeld und Brüssel waren wir lautstark auf der Straße und haben unsere Flyer verteilt, in denen wir TTIP & Co. unter Datenschutzgesichtspunkten unter die Lupe nehmen.
Digitalcourage-Themenseite zu Handelsabkommen.

Vitamin Chaos: Communication Camp & Congress

Der Austausch mit der Technik-Community macht uns zu dem, was wir sind. Deshalb besuchten wir im Sommer das Chaos Communication Camp, die wichtigste Open-Air-Konferenz für Aktivist.innen, Hacker.innen und politisch Engagierte. In unserem Zelt boten wir gemütlichen Platz für inhaltlichen Austausch an und veranstalteten mehrere Lesungen gegen Überwachung.
Beim Chaos Communication Congress Ende Dezember, an dem wir nun schon im 31. Jahr teilnehmen, brachten wir eine eigene kleine Bühne und einen großen Stand mit. Hier sprachen wir potentielle neue Mitstreiterinnen und Mitstreiter für unsere inhaltliche Arbeit an. Auch hatten wir unseren ‚Shop‘ dabei und stellten Lichtbildausweise mit Wunschdaten aus.
Einige unserer Teammitglieder tragen auch zum generellen Ablauf von Congress und Camp bei: gelegentlich durch eigene Vorträge und immer wieder durch verschiedenste „Engel“-Dienste im breiten Spektrum von Bar-Schichten bis zum Simultanübersetzen zwischen Deutsch und Englisch.

IT-Sicherheitsmesse Nürnberg

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Unsere Digitalcourage-Ortsgruppe München war im Oktober 2015 auf der it-sa, „IT-Security Messe und Kongress“ in Nürnberg. Zwischen den vielen IT-Sicherheits-Firmen waren wir mit unserem Digitalcourage-Stand ein richtiger Exot und auch ein kleiner Stolperstein in der Welt der „professionellen Datensicherheit“. Edward Snowden hielt die keynote der it-sa 2015 und Hartmut Goebel von Digitalcourage München nahm die Gelegenheit wahr, ihm von unserer Aktion „1 Million Aufkleber für Snowden“ zu berichten. Snowden schien sichtlich erfreut. Bericht über die it-sa.

Public Domain „Prostituiertenschutzgesetz“

Im November 2015 haben wir Sonja Dolinsek als Referentin für unsere 168. PUBLIC DOMAIN eingeladen, um über Datenschutz und andere Kritikpunkte am „Prostituiertenschutzgesetz“ zu sprechen. Aus einer Grund- und Menschenrechtsperspektive wird das Gesetz als höchst problematisch eingestuft: Die (informationelle) Selbstbestimmung von Sexarbeiter.innen ist durch eine Sonderdatenbank und den damit verknüpften Sonderausweisen enorm gefährdet.

Technik und praktische Unterstützung

Wir setzen uns für Ihre Privatsphäre und Grundrechte ein. Werden Sie Fördermitglied bei Digitalcourage.

Digitale Selbstverteidigung

In der Weihnachtszeit haben wir jeden Tag einen nützlichen Tipp zur Digitalen Selbstverteidigung auf unserer Website veröffentlicht. Hinter den Türchen befanden sich unter anderem Artikel zur sicheren E-Mail-Kommunikation, Datenverschlüsselung, zu Auskunftsrechten und zum sicheren Surfen. 24 Tipps für digitale Selbstverteidigung

Einfach immer E-Mails verschlüsseln: Das Projekt p≡p

E-Mails verschlüsseln ist umständlich? Mit Pretty Easy Privacy – kurz p≡p – wird das hoffentlich bald der Vergangenheit angehören. p≡p basiert auf vorhandenen und offenen Standards und will schrittweise die Vertraulichkeit von Text-Kommunikation im Internet ändern. p≡p überzeugt uns vor allem durch sein communitybasiertes Konzept, das die Unabhängigkeit der Kommunikations Infrastruktur durch eine Stiftung kontrolliert. Rena und padeluun sind Stiftungsräte. Digitalcourage unterstützt das Projekt außerdem durch Vertrieb und Beratung.
Mehr Informationen über p≡p

Digitalcourage wirkt. Wirken Sie mit!

Cryptoparty – Digitalcourage-Hochschulgruppe

Immer wieder werden wir um Hilfe gebeten, den eigenen Rechner gegen unerwünschte Schnüffelnasen zu schützen. Einzelfallbetreuung können wir natürlich nicht leisten, doch dank unserer Hochschulgruppe konnte auch die ein oder andere Cryptoparty abgehalten werden, auf der sich Menschen treffen und miteinander bei der angewandten digitalen Selbstverteidigung unterstützen.

Unterstützungsbedarf in unserem Shop

Im Digitalcourage-Shop gibt es Infos, Bücher, Aufkleber, T-Shirts und nützliche Gadgets, die mit unseren Themen zu tun haben. Der Shop ist auch Infrastruktur für die Community: Er ermöglicht es, für uns und andere Demo- und Aktionsmaterial bundesweit zu versenden. Der Shop wird zum größten Teil ehrenamtlich betrieben. Gewinne kommen in vollem Umfang der politischen Arbeit von Digitalcourage zugute. 2015 haben wir neue Flyer produziert und u.a. als neues Produkt den Kamera-Stopper eingeführt, den wir seither schon 400-mal verkauft haben. Ohne den Shop hätten wir auch die FsA-Demo-Tour nicht koordinieren können. Alle Artikel und Informationen

Politische Wirkung kommt vom Mitmachen

AKtiVCongrEZ: Mitgestalten und Vernetzen

Wir wollen Menschen befähigen und Rahmenbedingungen für produktive Arbeit schaffen. Darum organisieren wir seit 2010 den AKtiVCongrEZ, bei dem wir organisationsübergreifend und ergebnisorientiert aktuelle Themen anpacken. Auch in diesem Jahr waren wir 4 Tage lang in Hattingen in Klausur und haben explizit auch Menschen eingeladen, die neu im Thema sind.

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Unsere ehrenamtlichen Arbeitsgruppen

Ohne die Mitarbeit vieler Ehrenamtlicher wäre unsere Arbeit nicht möglich. Deshalb bauen wir ständig unsere Mitmachangebote aus. 2015 gründeten und stabilisierten sich die Arbeitsgruppen: Text, Digitale Selbstverteidigung, Foto, Grafik und Übersetzung. Ebenfalls erfreulich: 2015 gründeten sich die Ortsgruppen in München und Berlin. Formular mithelfen

Freedom not Fear in Brüssel

„Freedom not Fear“ ist das jährliche europäische Barcamp-Wochenende, bei dem wir die europäische Vernetzung mit vorantreiben. Im Oktober waren wir mit mehr als 60 Aktivist.innen aus verschiedenen Datenschutz-Gruppen in Brüssel, um uns mit der Zukunft der Digitalisierung in Europa zu beschäftigen.
Das war „Freedom not Fear“ 2015

Blick nach vorn: Unsere Schwerpunkte in 2016

Massenüberwachung und Vorratsdatenspeicherung

Der Bundestag hat am 16. Oktober 2015 die Vorratsdatenspeicherung erneut eingeführt. Wir arbeiten mit unserer Verfassungsbeschwerde daran, dieses Gesetz zu kippen.

Unterstützen Sie unsere Verfassungsbeschwerde gegen die Vorratsdatenspeicherung!

Vernetzung und Infrastruktur

Wir werden auch weiterhin die Vernetzung von Aktivist.innen deutschland- und europaweit fördern, damit wir insgesamt schlagkräftiger werden. Wir bauen unsere Infrastruktur weiter aus. Unsere Angebote (AGs, Website, Infomaterialien, DNS-Server etc.) wollen wir in Zukunft ausbauen und verstetigen. Und mehr Unterstützung soll es geben, wenn Menschen vor Ort etwas organisieren wollen oder eine Veranstaltung benötigen. Stichworte dazu: „Lesen gegen Überwachung“, „Freiheitsredner.innen“ und „Cryptopartys“.

Datenschutz in Europa

Die große EU-Datenschutzreform ist beschlossen. Die Europäische Datenschutzgrundverordnung wird jetzt viele Veränderungen nach sich ziehen, die wir kritisch begleiten und wo nötig auch vorantreiben werden.
Themenseite Datenschutz in Europa

Gerätehoheit: Smartphones, Autos und Fernseher hören mit

Die Vernetzung von Geräten aus unserem Alltag nimmt ständig zu. Das Überwachungspotenzial ist erschreckend groß und die Verbraucher.innen haben immer weniger Möglichkeiten, sich dieser Entwicklung zu entziehen. Wir klären auf, informieren über Alternativen und kämpfen für mehr Gerätehoheit und digitale Selbstbestimmung.

Mehr Menschen erreichen!

Wir setzen uns für Ihre Privatsphäre und Grundrechte ein. Werden Sie Fördermitglied bei Digitalcourage.

Wir wollen wachsen. Je mehr Unterstützung wir erhalten, desto schlagkräftiger werden wir. Daher freuen wir uns über jede neue Fördermitgliedschaft, denn die vielen privaten [Spenden]((digitalcourage.de/spende) und Fördermitglieder machen uns unabhängig und geben uns gleichzeitig ein Mandat für unsere Arbeit. Deshalb werden wir auch unsere Werbung für weitere Mitglieder und Spendenwerbung weiter stärken.
Digitalcourage wirkt. Wirken Sie mit und werden Sie Fördermitglied!