Interessante Vorträge vom 32C3

Der Chaos Communication Congress bot dieses Jahr wieder einige sehenswerte Vorträge und wir waren wieder mit einem Info-Stand unserem Shop und einer eigenen Bühne dabei. Bevor Sie sich jedoch durch über 150 Stunden Videomaterial kämpfen, haben wir einige interessante Talks ausgewählt und stellen diese hier kurz vor. Alle englischsprachigen Vorträge gibt es auch mit deutschsprachiger Simultanübersetzung (zweite Tonspur in den Videos auf media.ccc.de oder als separates Video auf YouTube).

NSA-Dialoge: Grundrechte gelten nicht im Weltall!

In verteilten Rollen lesen die vier Redner.innen Zitate und Szenen aus den Protokollen der öffentlichen Sitzungen des NSA-Untersuchungsausschusses und vermitteln dabei ein gutes Bild von der Absurdität mancher Fragerunden und von der Unmöglichkeit, aus den Zeug.innen Informationen herauszuoperieren. Die zitierten Abgeordneten bemühen sich redlich, zwischen „nicht Teil des Untersuchungsgegenstandes“ und „so konkrete Aussagen darf ich nicht machen“ ein Fünkchen Informationen aus den Nasen der Zeug.innen zu ziehen. In jedem Fall ein sehenswerter Talk.
Vortrag ansehen: media.ccc.de

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Safe Harbor

Volle Punktzahl für diesen Vortrag! In flottem Englisch und mit viel Humor erklärt Max Schrems seine Gerichtsprozesse gegen Safe Harbor und was man daraus machen kann. Wichtigste Erkenntnisse:

  • Der Europäische Gerichtshof betrachtet die US-Massenüberwachung als solch gravierenden Eingriff in die Grundrechte, dass sich die Frage nach der Verhältnismäßigkeit gar nicht mehr stelle. „The essence“ der Grundrechte (der Kernbereich, in dem es keine Diskussionen über Grauzonen geben kann) wird hier verletzt. Dieses Eingeständnis wird auch auf andere Gerichtsverfahren übertragen werden können.
  • Max fordert uns auf, weitere Beschwerden bei den zuständigen Datenschutzbehörden einzureichen. Er nannte zum Beispiel deutsche Datenschutzbeauftragte als interessierte Stellen. Kopiervorlagen sind jetzt oder bald auf der Website Europe vs Facebook.
  • Max versucht die Idee einer „Stiftung Warentest“ im Bereich Datenschutz in Umlauf zu bringen. Eine Nicht-Regierungs-Stelle, die Aufsichtsfunktionen übernimmt, wie dies auch in anderen Rechtsbereichen der Fall ist.
  • Es lohnt sich, sich für die eigenen Rechte einzusetzen. Es ist noch lange nicht zu spät.
    Vortrag ansehen: media.ccc.de, deutsche Übersetzung separat auf YouTube

How Open Source Software, second hand laptops and hackers helped stop Ebola (and stopped an apocalypse).

Mit drastischer Sprache und flapsigem Ton beschreibt Emerson Tan (Brite, zur Projektzeit bei der US-NGO-Gruppe NetHope) ein sehr abenteuerliches und dramatisches Hilfsprojekt: den Neuaufbau des Gesundheitssystems in Sierra Leone mit Open-Source und Gebraucht-Laptops, Neuentwicklung eines ERP-Systems (Enterprise Resource Planning), Erfassung tausender alter und neuer Mitarbeiter.innen, Aufbau eines neuen, zuverlässigen Zahlungssystems für diese und die Wiederherstellung des Vertrauens in das staatliche System. Und das alles unter enormen zeitlichen Druck. Am Ende erklärt er die Ebola-Epidemie für beendet (gilt tatsächlich für Guinea, das am Vortag die Frist von 42 Tagen – doppelte Inkubationszeit – ohne neue Fälle erreichte). Bewegend!
Vortrag ansehen: media.ccc.de, deutsche Übersetzung separat auf YouTube

Towards (reasonably) trustworthy x86 laptops

Joanna Rutkowska ist die Erfinderin und Ko-Entwicklerin von Qubes OS, einer Linux-Distribution, die dadurch besonders sicher ist, dass Anwendungen in getrennten virtuellen Maschinen laufen. In diesem Vortrag geht es aber darum, dass kein Betriebssystem sicherer sein kann als die Hardware, auf der es läuft. Rutkovska argumentiert, dass eine vertrauenswürdige Hardware zustandslos sein sollte, also keinerlei persistenten Speicher enthalten sollte, um auszuschließen, dass sich Schadsoftware einnistet. Zuletzt stellt sie die Frage, wem die Hardware dienen soll: dem Markt oder ihren Besitzer.innen und Nutzer.innen? Mehr in ihrem Blog.
Vortrag ansehen: media.ccc.de, deutsche Übersetzung separat auf YouTube

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Wie man einen Blackout verursacht – und warum das gar nicht so einfach ist.

Mathias Dalheimer erklärt in seinem Talk die Funktionsweise des europäischen Stromnetzes. Bevor er auf das eigentliche Thema – einen Strom-Blackout – zu sprechen kommt, legt er die komplexen Grundlagen unseres Stromnetzes charmant und verständlich dar. Wobei es wahrscheinlich zuviel verlangt ist, alles verstehen zu können. Trotzdem sind auch für physikalische Laien einige interessante Informationen dabei. Mathias Dalheimer glaubt, dass das Stromnetz zwar schwierig aktiv zu manipulieren sei, aber auch das ungeplante Störungen eine ganze Kettenreaktion von Ausfällen zur Folge haben könnten. Der Vortrag ist sehr angenehm anzuschauen, da der Referent eine gute Balance zwischen fundierten Informationen und auflockernden Geschichten trifft. Auch die Website zu seinem Projekt ist einen Blick wert.
Vortrag ansehen: media.ccc.de


Links:

Alle Videos vom 32C3: media.ccc.de

Auch unsere europäische Interessensvertretung European Digital Rights (EDRi) hat in einem (englischen) Blogartikel ihre 32C3-Empfehlungen veröffentlicht.


Bild: Stand von Digitalcourage: Eleleleven auf Flickr (CC BY-SA 2.0)