Deutsche Vorratsdatenspeicherung nach EuGH-Urteil nicht haltbar

Deutsche Vorratsdatenspeicherung nach EuGH-Urteil nicht haltbar

Der Europäische Gerichtshof hat mit seinem Urteil vom Mittwoch, 21. Dezember 2016, die Gesetze von EU-Mitgliedstaaten zur anlasslosen und massenhaften Speicherung von Kommunikations- und Bewegungsdaten für europarechtswidrig erklärt. Das betrifft auch das im Oktober 2015 beschlossene deutsche Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung.
Digitalcourage, der AK Vorrat und 23 betroffene prominente Verbände, Künstlerinnen, Journalisten, Anwältinnen und Ärzte haben im November 2016 Verfassungsbeschwerde gegen die Vorratsdatenspeicherung eingereicht. Gemeinsam wollen wir das deutsche Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung kippen – und Sie können helfen!

Anlasslose Massenüberwachung ist mit Demokratie und Grundrechten nicht vereinbar. Unterschreiben Sie unsere Verfassungsbeschwerde, damit das auch die Herren Innen- und Justizminister endlich verstehen!

„Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe, bei dem wir mit einem breiten Bündnis im November 2016 eine Verfassungsbeschwerde gegen die deutsche Vorratsdatenspeicherung eingereicht haben, muss das Gesetz jetzt kippen“, sagt padeluun von Digitalcourage. „Das Urteil des EuGH kommt gerade noch rechtzeitig, denn bereits ab 1. Juli 2017 sollen in Deutschland alle Standortdaten, Zeitpunkt und Dauer von Telefonaten, IP-Adressen und SMS-Daten anlasslos auf Vorrat gespeichert werden. Es war richtig, dass wir in unserer Verfassungsbeschwerde die Speicherung an sich angegriffen haben.“

Mehr als 33.000 Menschen haben die Klage bereits unterschrieben. Digitalcourage fordert die Öffentlichkeit dazu auf, die Verfassungsbeschwerde zu unterzeichnen, um damit ein klares Zeichen an Medien, Politik und Öffentlichkeit gegen anlasslose Massenüberwachung zu senden: https://digitalcourage.de/weg-mit-vds

Die juristischen Fakten

„Das Urteil des EuGH setzt klare Grenzen, die das deutsche Gesetz bereits bei der Erhebung der Daten überschreitet“, sagt Rechtsanwalt Meinhard Starostik, der die Beschwerdeführer*innen vor dem Bundesverfassungsgericht vertritt.

„Diese Grenzen definiert das Urteil in Randnummern 108 – 110 des Urteils wie folgt:

  1. Bekämpfung schwerer Straftaten
  2. Beschränkung der Speicherung auf das absolut Notwendige a) hinsichtlich der Kategorien der zu speichernden Daten, b) der erfassten Kommunikationsmittel, c) der betroffenen Personen und d) der vorgesehenen Dauer
  3. Beschränkung auf Personen, deren Daten einen unmittelbaren oder zumindest mittelbaren Zusammenhang mit schweren Straftaten haben
  4. Beschränkung der Situationen, in denen eine Vorratsdatenspeicherung zulässig ist, z.B. eine geografische Beschränkung

Die unter 2 c), 3. und 4. dargelegten Beschränkungen werden von der deutschen Regelung der Vorratsdatenspeicherung nicht erfüllt. Ferner ist die Auskunft über IP-Adressen nicht auf Fälle schwerer Kriminalität beschränkt. Die deutsche Regelung hat vor den Einschränkungen des EuGH-Urteils keinen Bestand.“

Weitere Informationen:
– Fotos: „Mit Recht: Klage gegen Telefon- & Internetüberwachung eingereicht“:
https://digitalcourage.de/blog/2016/klage-gg-vds-eingereicht
– Pressemitteilung des EuGH vom 21. Dezember 2016:
http://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2016-12/cp160145de.pdf
– Liste aller prominenten Mitbeschwerdeführenden:
https://digitalcourage.de/blog/2016/klage-gg-vds-eingereicht#vds-liste-mitbeschwerdefuehrende
– Schriftsatz der Verfassungsbeschwerde (PDF):
https://digitalcourage.de/sites/default/files/users/161/digitalcourage-verfassungsbeschwerde-gegen-vds.pdf
– Mehr zur Vorratsdatenspeicherung:
https://digitalcourage.de/themen/vorratsdatenspeicherung
– Materialsammlung zur Überwachungsgesamtrechnung:
https://digitalcourage.de/themen/ueberwachungsgesamtrechnung
– Weitere Pressemitteilungen mit Hintergrundinformationen:
https://digitalcourage.de/presse/pressemitteilungen
– Medienberichte zur Verfassungsbeschwerde:
https://digitalcourage.de/blog/2016/medienberichte-zu-unserer-verfassungsbeschwerde

Foto: Tom Kohler