BigBrotherAwards: Die Preisträger
Das komplette Video der Verleihung ist auf unserem Vimeo-Kanal zu sehen.
Auszüge aus den Begründungen der Jury
Die vollständigen Texte sowie Bilder von der Verleihung finden Sie auf der BigBrotherAwards-Website.
Bundesnachrichtendienst
Demnächst soll der BND einen höchst fragwürdigen Freibrief erhalten, nämlich die Lizenz oder Ermächtigung zur anlasslosen Ausforschung sozialer Netzwerke wie Facebook, Flickr, YouTube oder Twitter, aber auch von Blogs und Internet-Foren. (...) Solche hochgerüsteten, letztlich unkontrollierbaren Präventionsdienste wuchern im Schatten des demokratischen Rechtsstaats, bedrohen Menschen, politisch-soziale Bewegungen und deren Freiheitsrechte.
Dr. Rolf Gössner von der Internationalen Liga für Menschenrechte
Amazon Logistik GmbH in Bad Hersfeld und die Amazon Koblenz GmbH
Den deutschen Amazon-Töchtern - und wir gehen davon aus, dass weitere Unternehmensteile mit diesen Regelungen arbeiten, weil es sich bei den uns vorliegenden Verträgen und Erklärungen um Standard-Formulare handelt - können wir nur dringend raten, die bisher verwendeten Einwilligungserklärungen zu vergessen und die Verarbeitung und Nutzung von Beschäftigtendaten in den USA zu stoppen.
Prof. Dr. Peter Wedde vom Institut für Datenschutz, Arbeitsrecht und Technologieberatung
„Hello Barbie“ von den Firmen Mattel und Toytalk
Als informierte und mündige Bürger brauchen wir eine Sensibilität dafür, welche Daten wir in wessen Hände geben, und was damit angestellt wird. Wir müssen den schmalen Grat finden zwischen einer goldenen Zukunft des Fortschritts – und der Unterwerfung unseres Zusammenlebens unter die gewinnorientierten Interessen einiger weniger großer Konzerne.
Linus Neumann vom Chaos Computer Club
Amazon Mechanical Turk und Elance-oDesk
Beide Plattformen vermitteln online Arbeitspäckchen – von Mikrojobs für Cent-Beträge bis Webdesign zum Pauschalpreis. Arbeit auf Zuruf, für Hungerlohn, auf eigenes Risiko, ohne jegliche soziale Absicherung. Verlockend für Arbeitgeber, die niemanden mehr einstellen müssen, weil sie sich auf dem „digitalen Arbeitsstrich“ nach Lust und Laune bedienen können. (...) Das ist kein Trend, der einfach so passiert. Sondern das ist neoliberale Strategie. Sie macht Arbeit für Unternehmer, die diese Bezeichnung nicht verdient haben, auf Zuruf verfügbar, jederzeit kündbar, spart Sozialabgaben und Steuern und ist vor allem: billig.
Rena Tangens von Digitalcourage
Bundesministerium für Gesundheit, vertreten durch Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe
Die Regierung beschließt die Einführung einer flächendeckenden Technologie und schreibt dafür Paragraphen in das Sozialgesetzbuch, die nicht der Gesundheit dienen, sondern ausschließlich den Finanzmärkten und ihren Handlangern, der (meist börsennotierten) IT-Industrie. Nicht Diagnostik und Heilbehandlung - Ausbildung der Ärzte, Zeit für Gespräche mit der Ärztin oder dem Arzt oder bessere Personalausstattung in Kliniken - werden gestärkt, sondern die Lobbyisten haben gewonnen, die Signaturen, Chip-Karten und technische Infrastruktur verkaufen wollen. Das nenne ich Förderung der Finanzwirtschaft auf Kosten aller Versicherten.
padeluun von Digitalcourage
Bundesinnenminister Thomas de Maizière und Ex-Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich
Beide Innenminister, der jetzige, Thomas de Maizière, und der ehemalige, Hans-Peter Friedrich, ließen ihre Beamten, in enger Kooperation mit Lobbyverbänden, den europäischen Datenschutz ins Gegenteil verkehren. (...) Das deutsche Innenministerium ist, wie interne Dokumente zeigen, an dieser Grundrechts-Vernichtung federführend beteiligt. Bei unserem Projekt „LobbyPlag“ führte Deutschland die Statistik aller EU-Staaten sogar an. Kein anderes Land unterstützte in den ersten drei Kapiteln der Verordnung mehr negative Änderungen – das vermeintliche "Mutterland des Datenschutzes" verwies damit sogar Großbritannien auf Platz zwei im Negativranking
Max Schrems von Europe versus Facebook
Neusprech-Award: Digitale Spurensicherung
Es geht darum, die kommunikativen Fingerabdrücke aller Deutschen anlasslos zu speichern, in der Hoffnung, damit ein paar Kriminelle leichter identifizieren zu können. Es geht also weiterhin um einen Generalverdacht, es geht darum, dass es bei dieser Idee keine Unschuldigen mehr gibt und darum, dass damit gleich mehrere Grundrechte verletzt werden. (...) Es wäre besser, das Verbotene endlich dort zu belassen, wo es diverse Richter beerdigt haben: auf dem Ideenfriedhof der Grundrechtsgegner und Überwachungsfanatiker. Um daran zu erinnern, dass Zombies ins Reich der Phantasie gehören und nicht in die Politik, erhält die „digitale Spurensicherung“ einen Neusprech-Award.
Kai Biermann von neusprech.org
Bild: Matthias Hornung CC by 4.0