65 Jahre Grundgesetz
„Heut’ ist dein Geburtstag, darum feiern wir. Alle deine Freunde freuen sich mit dir.“ (Rolf Zuckowski).
Das Grundgesetz hat Geburtstag. Es ist nun 65 Jahre alt. Zeit in Rente zu gehen? Hoffentlich nicht. In dem Alter geht es doch erst richtig los! Wir hoffen, dass das gerade für das altehrwürdige Grundgesetz gilt.
Die Bundesregierung und viele Bundestagspolitiker möchten es anscheinend möglichst schnell in den Vorruhestand schicken. Oder sie hoffen, dass mit zunehmendem Alter auch unsere alt gewordenen Grundrechte etwas vergesslich werden. Wie das „Grundrecht der Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme“. Das wurde vom Bundesverfassungsgericht 2008 aus dem „allgemeinen Persönlichkeitsrecht“ (Art. 2 Abs. 1 und Art. 1 Abs. 1 GG) abgeleitet.
Zu unserem Glück hat so ein Grundgesetz ein besseres Gedächtnis. Es hat unsere Grundrechte mit Sicherheit nicht vergessen: Schwarz auf weiß fordert es den Schutz unserer Privatssphäre.
Das Grundgesetz achten
Die Bundesregierung scheint leider lange nicht mehr reingeschaut zu haben.
Ungeniert spioniert sie mit Hilfe von Trojanern die eigene Bevölkerung aus und exportiert entsprechende Software sogar in Krisengebiete.
Der BND sieht seine Aufgabe nicht mehr im Schutz der Menschen vor ausländischer Spionage (z.B. durch NSA und GCHQ), sondern in einer guten Zusammenarbeit mit eben diesen.
Dabei müsste sie doch mit gutem Beispiel voran gehen.
Die Grundrechte zu „achten und zu schützen“ wäre ihre Aufgabe. In dieser Reihenfolge. Ein Grundrecht darf nicht missachtet werden, damit ein anderes geschützt werden kann. Deshalb hat auch das Bundesverfassungsgericht das Luftsicherheitsgesetz gekippt. Und deshalb steht die Achtung unserer Freiheit, inklusive dem Schutz vor in- und ausländischer Spionage, vor dem „Schutz vor Terror“.
Die Wächter der Freiheit
Glücklicherweise haben wir das Bundesverfassungsgericht und den Europäischen Gerichtshof, die unsere vergessliche Bundesregierung an ihre eigentlichen Aufgaben erinnern. Die Speicherung von Daten auf Vorrat gehört definitiv nicht dazu. Der Entwurf neuer Gesetze, die den Grundrechten von vorne herein widersprechen, ebenfalls nicht.
In Folge der massenhaften Überwachung und Speicherung unserer digitalen Kommunikation und unserer Daten geraten insbesondere unsere Freiheitsrechte in immer größere Bedrängnis. Wie frei ist eine Presse, die befürchten muss abgehört zu werden und unter Druck gesetzt wird, ihre Quellen zu verraten? Was ist mit dem Post- und Fernmeldegeheimnis? Gilt das nicht für digitale Kommunikation? Sind das nur noch Relikte einer analog-demokratischen Zeit? – Nein! Auf diesen Freiheitsrechten beruht die Demokratie. Nur weil sich digitale Kommunikation leichter abhören lässt, heißt es nicht, dass sie auch abgehört werden darf! Im Gegenteil: Die digitale Kommunikation braucht weitaus mehr Schutz als sich das die Väter und Mütter unseres Grundgesetzes je träumen ließen.
Asyl für Snowden
Und noch ein Grundrecht müssen wir derzeit massiv einfordern: „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.“ (Art. 16a Abs. 1).
Es ist entscheidend, dass Menschen im Wissen leben, dass sie sich mit politisch motivierten Handlungen nicht in Gefahr bringen. Denn genau das unterscheidet ein demokratisches von einem autoritären System.
Edward Snowden wird politisch verfolgt, daran kann es keine Zweifel geben.
Als politischem Flüchtling muss Edward Snowden Asyl gewährt werden. Alles andere ist ein Verrat an den Werten der Demokratie.
Da ist es nur konsequent, dass wir Asyl für Snowden fordern.
Ein Grund zu feiern
Liebes Grundgesetz! Wir sind froh, „dass Du geboren bist“, denn „wir hätten Dich sonst sehr vermisst“ und hoffen, dass Du Dich nicht aufs Altenteil zurückziehst.
Nicht nur wir feiern Deinen Geburtstag. Die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) und der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) schmeißen Dir eine Party und laden zur Konferenz nach Berlin ein: „Die DNA der Demokratie: 65 Jahre Grundgesetz – 65 Jahre Pressefreiheit“.
„Uns’re Guten Wünsche haben ihren Grund. Bitte bleib noch lange glücklich und gesund.“
Text: Leena Simon, Tim Völker, Sarah Dörpinghaus
(Bild: Wikimedia CC0 by 1.0 Universal Public Domain Dedication)