Digitalcourage-Newsletter #28, Januar 2013
Vielleicht lesen Sie diesen Newsletter gerade an Ihrem Arbeitsplatz? Dann Vorsicht, denn mit dem neuen Beschäftigtendatenschutz-Gesetz liest ihr Chef vielleicht schon bald Ihre E-Mails mit. Die ersten Ergebnisse unserer Mensakarten-Aktion sind da und wir haben sie auf dem Congress des Chaos Computer Clubs in Hamburg Ende Dezember präsentiert. Viel Spaß bei der Lektüre wünscht Ihr Team von Digitalcourage (vormals FoeBuD)
//Rena Tangens, Dennis Romberg und padeluun
1) Save the Date – BigBrotherAwards 2013
Am 12. April 2013 ist es wieder so weit, die BigBrotherAwards werden verliehen. Für die diesjährige Verleihung erreichten uns rund 200 Nominierungen, die nun geprüft und recherchiert werden. In den letzten Jahren haben einige „Gewinner“ den Preis selbst in Empfang genommen – ob von den Datensammlern auch in diesem Jahr jemand persönlich vorbeischaut?
Sie können auf jeden Fall dabei sein, wenn Sie sich den Termin vormerken:
Freitag, 12. April 2013, Bielefeld, Hechelei im Ravensberger Park
https://www.bigbrotherawards.de
2) Hü und Hott beim Datenschutz für Arbeitnehmer
Erst auf Halde gelegt, dann Hopplahopp und nun doch wieder liegen lassen? So richtig versteht niemand mehr, wie der Zeitplan der Bundesregierung beim Beschäftigtendatenschutz ist. Der Gesetzentwurf sollte in den nächsten Tagen durch den Bundestag gepeitscht werden, aber der Druck von Gewerkschaften und Datenschutzverbänden hat wohl einen Aufschub gebracht. Aber Aufschub hin oder her, der Gesetzentwurf muss verbessert werden. Wir kritisieren folgende Punkte:
Die offene Videoüberwachung am Arbeitsplatz soll erheblich ausgeweitet werden – bisher braucht es konkrete Anlässe, die sollen nach Willen der Bundesregierung wegfallen können.
Und mit heimlicher Videoüberwachung dürften Arbeitgeber dann – sogar wenn sie unrechtmäßig war – Kündigungen rechtfertigen.
Potentielle Arbeitgeber sollen Auskunft über die finanzielle Situation ihrer Beschäftigten und Bewerber einholen dürfen.
Wer sich informieren oder handeln will, für den gibt es ein Blog mit Hintergründen
Der aktuelle Stand: Die Beratung des Gesetzentwurfs im Innenausschuss wurde auf den 30. Januar verschoben. Das Gesetz soll dann am 1. Februar in 2. und 3. Lesung verabschiedet werden.
Wir bereiten gerade gemeinsam mit anderen Organisationen eine Aktion vor. In Kürze mehr auf unserer Webseite.
3) Europe vs. Facebook sucht Unterstützung für Klage gegen Facebook
Es ist ein klassischer "David gegen Goliath"-Kampf: Jurastudent gegen US-Multi. Aber ob Max Schrems ihn überhaupt kämpfen kann, ist noch nicht sicher. Sie können Ihn unterstützen. Max Schrems von Europe vs. Facebook will Facebook verklagen, weil es sich nicht an die europäischen Datenschutzgesetze hält.
So eine Klage ist teuer, ungefähr 100.000 Euro werden gebraucht. Mehr als ein Drittel hat er schon gesammelt, die fehlenden zwei Drittel sollten da doch noch machbar sein. https://www.crowd4privacy.org/?lang=de
Warum will er klagen? Weil Facebook sich nicht an europäisches und irisches Datenschutzrecht hält. So löscht es z.B. viele Nachrichten oder Aktionen nicht oder sammelt mit dem Like-Button im ganzen Internet Daten über Userinnen und User. Die irische Datenschutzbehörde wird dagegen seit Monaten nicht tätig. Seit Dezember 2011 verschleppen sowohl die Irische Datenschutzbehörde als auch Facebook das Verfahren immer wieder. Dieses Hinhalten will Max Schrems nun nicht länger akzeptieren und bereitet eine Klage gegen die irische Datenschutzbehörde und Facebook vor. Mehr Informationen gibt's hier.
4) Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung – Kurzinfos für Einsteiger und Fortgeschrittene
Wer viel mit Mailinglisten arbeitet, kennt das: Schnell ist die Flut unüberschaubar geworden und die Zeit ist ohnehin immer knapp. Also lässt man liegen, ignoriert, das schlechte Gewissen wächst und man selbst ist bald ausgestiegen – aus der Diskussion und vielleicht auch aus der Organisation. Oder man beteiligt sich erst gar nicht und verpasst so die wichtige Chance, aktiv zu werden und mitzugestalten.
Für alle, die deshalb den Schritt scheuen sich im Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung zu engagieren, geben wir eine wöchentlich erstellte Zusammenfassung heraus – per E-Mail. Dort werden alle Diskussionen, die über die mehr als 70 E-Mail-Listen laufen, übersichtlich aufbereitet. Und bieten so einen einfachen Einstieg. Hier kann man sich eintragen.
5) Sicherheit von Studi- und Mensakarten – erste Ergebnisse unserer Aktion
Essen aufs Tablett, Karte gezückt und bargeldlos bezahlt. So sparen Mensakarten viel Zeit an der Kasse. An manchen Unis kann man damit auch Türen oder Schließfächer öffnen. Was bequem daherkommt, ist ein echtes Sicherheitsrisiko. Auf dem Chaos Communication Congress 29C3 in Hamburg haben wir die ersten Ergebnisse unseres RFID-Studikarten-Forschungsprojektes vorgestellt.
Heraus kam: Viele Unis verwenden noch die unsicheren Mifare-Classic-Karten, die einfach auszulesen und zu kopieren sind. Unbemerkt ist dann nicht nur schnell das Guthaben von der Karte "wegkopiert", sondern auch der Zugang zu Labortüren oder zum Schließfach mit Laptop.
Den Vortrag von "nuit" und Rena Tangens gibt es auf https://www.youtube.com/digitalcourage.
In den nächsten Tagen veröffentlichen wir hier eine Aufstellung über unsere Ergebnisse. Dort können Sie sehen, welche Karten wir schon getestet und was wir recherchiert haben. Ihre Mithilfe ist weiter gefragt: Wir nehmen gerne noch Karten von nicht untersuchten Hochschulen oder weitere Analysen entgegen an mail@digitalcourage.de
6) Meldegesetz – Verzögerung im Vermittlungsausschuss
Es hängt und hängt und hängt: vom Bundestag in den Bundesrat, in den Vermittlungsausschuss, in die Arbeitsgruppe. Die tagt nun am Mittwoch dieser Woche. Wir waren so nett und haben am vergangenen Freitag den Mitgliedern der Arbeitsgruppe all unsere Verbesserungsvorschläge zum Meldegesetz per Brief geschickt. Die Forderung nach der Einwilligungslösung, der Stärkung der Zweckbindung und der Abschaffung von Vermieterbescheinigung und Hotelmeldepflicht müsste also Montag morgen frisch auf ihrem Schreibtisch gelandet sein. Für den 29. Januar steht das Meldegesetz dann wieder beim Vermittlungsausschuss des Bundesrates auf der Tagesordnung.
Der Vortrag zum Meldegesetz von Rena Tangens und Katharina Nocun ist im Youtube-Channel von Digitalcourage zu sehen:
https://www.youtube.com/digitalcourage
7) Versammlungsgesetz Berlin: Bündnis gegen Videos von Demonstrationen
Letztes Jahr hat's das Landgericht in Berlin verboten, nun soll es in ein Gesetz gegossen werden: Bei Demonstrationen soll der Berliner Polizei erlaubt werden, Teilnehmende einer Demonstration zu filmen. Gegen diese anlasslose Überwachung, die viele Menschen von der Teilnahme an der Demonstration abschrecken würde, hat sich ein breites Bündnis gebildet. Was von der Politik "nur als Übersichtsaufnahmen" verkauft wird, hat Nebenwirkungen: Denn es ist immer möglich (und für Einzelne nicht wahrnehmbar), an Menschen heranzuzoomen, Videos oder Standbilder zu speichern – und wer kontrolliert das schon?
In vielen Bundesländern ist eine Verschärfung des Versammlungsrechts in der Diskussion. Deshalb wollen wir exemplarisch am Versammlungsgesetz in Berlin zeigen, dass eine solche Überwachung von Bürgerinnen und Bürgern nicht hingenommen wird. Der Gesetzentwurf liegt hier.
Das nächste Treffen findet am Mittwoch, 23. Januar 2013 um 19:30 Uhr im Haus der Demokratie und Menschenrechte, Berlin, statt.
8) Termine
23. Januar 2013, 19:30 Uhr: Bündnistreffen zur Verhinderung von Videoüberwachung bei Demos, Haus der Demokratie und Menschenrechte, Berlin http://tinyurl.com/VUe-bei-Demos
5. Februar 2013: Vortrag von Rena Tangens zu "Big Data" beim Safer Internet Day von Verbraucherministerium und Bitkom. Infos und Anmeldung
29. März – 1. April: Easterhegg in Paderborn, Kulturwerkstatt
12. April 2013: BigBrotherAwards-Verleihung in Bielefeld
3. – 5. Mai 2013: AktivKongress Netzgesellschaft in Hattingen
6. – 8. Mai 2013: re:publica in Berlin
Wirken Sie mit – unterstützen Sie unsere Arbeit!
Digitalcourage ist unabhängig von staatlichen Geldern und Sponsoring und finanziert sich durch private Spenden und Mitgliedsbeiträge. Der Einsatz für Datenschutz, digitale Lebensqualität und Bürgerrechte kostet Geld.
Spenden Sie deshalb noch heute. Auch mit kleinen Beträgen – 10, 15 oder 20 Euro pro Monat – helfen Sie, dass wir weiter unabhängig arbeiten können. Besonders regelmäßige Spenden unterstützen unsere langfristige Planung.
Digitalcourage e.V. ist gemeinnützig. Eine Spendenquittung schicken wir zum Anfang des Folgejahres.
Spendenkonto: 2129799
Sparkasse Bielefeld
BLZ 48050161